Hoch im Kurs: Fahrradfahren lernen bei Migrantenfrauen

Frauen-Fahradkurse Suedwind Schmidt Claudia 2Frauen „im Südwind“
Staunend stehen 13 Frauen um einen Roller für Erwachsene herum, der zum ersten Treffen des Fahrradkurses mitten „im Südwind“ steht.
„Was sollen wir denn damit?“, fragt Aycan aus Konja. Und: „ Wo habt Ihr den denn her?“ will Marya aus Kabul wissen. Heute ist das Vortreffen für den vierten Fahrradkurs, der von den  „Frauen im Südwind“ angeboten wird …

Nach einer Planungsrunde mit  Trainerin, Co-Trainerin und begleitenden, ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen geht es zur ersten  praktische Stunde mit den Teilnehmerinnen über.

Aller Anfang ist schwer.
„Endlich habe ich die Chance, Fahrradfahren zu lernen“, sagt Marya. Ihr ist die Begeisterung anzumerken, mit der sie gekommen ist. Sie ist die Einzige in der Familie, die nicht Fahrradfahren kann. Sie leidet darunter, fühlt sich ausgegrenzt.

FrauenFahradkurse Suedwind SchmidtClaudiaWie die meisten der Frauen hier,  hat sie in ihrer Heimat nie Fahrradfahren gelernt.
Emine hat zwar einen Führerschein, möchte aber mit dem Fahrrad zur Arbeit in die Klinik fahren. Das spart Zeit und Geld. Eine der Teilnehmerinnen hatte einen Unfall und traut sich seitdem nicht mehr aufs Rad. Sie möchte die Angst verlieren. Zwei der Teilnehmerinnen haben vor vielen Jahren Fahrradfahren gelernt; es fehlt ihnen aber die Übung.

Die Gruppe steht um die Räder herum. Es ist der erste Tag auf dem Gelände der Jugendverkehrsschule. Sonst  üben hier die Freiburger Schulkinder, die in die vierte Klasse gehen. Ab jetzt steht dem Südwind-Kurs die Randstunde am Donnerstagnachmittag zur Verfügung. Auf dem Gelände gibt es Fahrräder, bei schlechtem Wetter wird die Theorie in einen Raum  gelernt. Ein Polizist ist dabei , die Praxis findet auf einem großen, sicheren Gelände statt, also ideale Bedingungen.
FrauenFahradkurse SuedwindAm Anfang des Unterrichts stehen Gleichgewichtsübungen. Hierbei spielt ein Roller für Erwachsene, der in einem Second-Hand-Kaufhaus erworben und repariert wurde, eine große Rolle. Danach wird auf die Räder umgestiegen.
„Die Teilnehmerinnen sind regelmäßig und mit großer Motivation dabei“, freut sich Südwind-Mitarbeiterin Claudia Schmidt. Zu 90% hätten die Frauen Migrationshintergrund und häufig nützten auch Flüchtlingsfrauen aus den städtischen Wohnheimen das Angebot.
Die meisten Frauen kommen meist schon vor Kursbeginn aufs Übungsgelände, um so früh wie möglich anfangen zu können. Und selbst am Ende des Nachmittags fällt das Aufhören schwer.
Es ist beachtlich, wie schnell die Frauen lernen. Nach acht Unterrichtseinheiten sind die meisten Teilnehmerinnen in der Lage, sich allein auf dem Rad zu halten.  Dann üben Frauen selbst am Wochenende auf Schulhöfen oder in sicherem Gelände.
Eine Frau kommt stolz auf den Platz und berichtet, dass sie am vorhergehenden Sonntag erstmals gemeinsam mit ihrer Tochter zum Schwimmbad geradelt sei:„ Seit ich die Angst losgeworden bin, bin ich immer mit dem Fahrrad unterwegs“.
FrauenFahradkurse Suedwind Schmidt Claudia 1Am Ende profitierten 12 Frauen von der neu erworbenen Mobilität und frisch gewonnenem Selbstbewusstsein. „Endlich bin ich unabhängig von Bus, Auto und Straßenbahn“, erzählt eine Frau lachend. Die Mütter sind auch als Vorbilder von großer Bedeutung. Sie lernen die Straßenregeln und können dieses Wissen  an iher  Kinder weitergeben.

 Weitere Informationen:   >>> Südwind Freiburg e.V.

Südwind Freiburg e.V. – Verein für soziale und interkulturelle Arbeit – hat sich zur Aufgabe gestellt, den interkulturellen Dialog zu fördern und den Integrationsprozess als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu unterstützen. Seit etwa 20 Jahren gibt es einen speziellen Bereich für Frauen. Im Mittelpunkt der Arbeit von „Frauen im Südwind“ steht die Integration durch Sprache, Schrift, Orientierung und Alltagshilfen. Zum ganzheitlichen Ansatz der Konzeption gehören darüber hinaus bedürfnisorientierte Angebote wie z.B. Fahrrad-, Schwimm-, und PC-Kurse.

Fotos: Südwind / Claudia Schmidt