im „Schwitzkasten“ tanzt sich was zusammen

Ein Projekt des Freiburg Theaters mit
Jugendlichen mit und ohne Handicaps

Inklusionsprojekte haben bei allem guten Willen oft etwas Bemühtes: Statt Kunst gibt’s Betroffenheitskultur, statt der Suche nach individuellem Ausdruck bäckt man kleine Brötchen für alle. Nicht so bei „Akimbo“, einem Tanzprojekt des Theaters Freiburg mit Jugendlichen mit und ohne Handicaps. Seit Monaten improvisieren und tanzen sie schon an der Esther-Weber-Schule in Emmendingen.

Gary Joplin (Tänzer und Choreograph) und Emma Luise Jordan vom Theater Freiburg waren von Anfang an mit Feuereifer bei der Sache. „Es geht darum Spaß zu haben an der Bewegung, seinen Körper wahrzunehmen, kleine Choreographien zu lernen, in Kontakt zu kommen über den Tanz“, erzählen die beiden.

Ihre Begeisterung ließ die Bedenken vieler verblassen. Auch ein paar nicht-behinderte Jugendliche hatten Berührungsängste, doch von diesen war nach ein paar Wochen nichts mehr zu spüren. Nach einer Weile übernahmen die nicht-behinderten Jugendlichen aus Freiburg sogar „Patenschaften“ für die Schüler und SchülerInnen und gaben während der Proben und Aufführungen Hilfestellungen. Durch den regelmäßigen Kontakt entstanden  intensive Beziehungen, die die Projektdauer überdauerten. Echte Freundschaften entwickelten sich!

Wenn man die Jugendlichen zusammen agieren sieht, dann springt  sofort die Vertrautheit ins Auge. Die Bewegungen auf der Bühne, der fließende Übergang ins Miteinander in den Pausen. Alles scheint wie aus einem Guss geformt. Eine natürliche Dramaturgie des Miteinanders.

Wenn sich der „Akimbo-Vorhang“ öffnet, dann ist auf der Bühne alles perfekt aufeinander abgestimmt. Jeder kommt auf seine Kosten, jeder darf zeigen, was er kann.
Es gibt herausragende Tänzer, doch ausdrucksstark und dicht ist auch das scheinbar Unperfekte und Begrenzte. Dass beide Pole sich immer wieder ganz selbstverständlich ergänzen und verzahnen, macht den Charme und die Kraft dieser Inszenierung aus. „Für mich ist die Individualität entscheidend. Eine Bewegung bei einem Menschen mit Behinderung sieht anders aus. Sie wird nicht so genau und exakt sein, aber darin liegt eine ganz andere Palette und Spanne, die für mich den Reiz ausmachen“, erzählt Gary Joplin. Hier steht ganz elementar der Körper mit seinen Möglichkeiten und seiner Bewegungslust im Mittelpunkt, das gängige Tanzdiktat des Perfekten und Schönen wird zugunsten des individuellen Repertoires aufgebrochen. Das berührt, lässt Prozesse und Weiterentwicklung ahnen – und macht Lust auf mehr: Ein Folgeprojekt ist schon in Planung.

 

Fotos: Theater Freiburg / Maurice Korbel

Quelle: Badische Zeitung / Marion Klötzer

Ein Spiel mit der Bewegung  (veröffentlicht am Di, 14. Juni 2011 auf badische-zeitung.de)

Quelle: Badische Zeitung / bhe

„Es geht nicht immer nur um Perfektion“ (veröffentlicht am Fr, 01. März 2013 auf badische-zeitung.de)