Wir haben schon gewusst, dass es da einen sehr speziellen, jungen Orden gibt, der ganz neu den alten Wegen des heiligen Franziskus nachfolgt: Laien-Brüder, die alles eigenes Hab und Gut aufgeben, um einzig für die Ärmsten der Armen da zu sein.
Eines Tages in einem Straßencafé in Quito haben wir dann zwei Mönche aus einem anderen Zeitalter an uns vorbeilaufen sehen: barfuß, in einer Kutte aus grobem Stoff, das Haupt kahl rasiert.
Sie gingen sie an uns vorüber. Und wir gingen hinterher …
Wir wollten wissen, ob sie es sind, von denen wir schon gehört hatten. Uns interessierte, was sie eigentlich machen. Sie haben uns – mit großer Offenheit und Warmherzigkeit – eingeladen, mit in ihr Haus zu kommen, um es selbst zu erleben.
Aber: Wer sind die Ärmsten der Armen, die ‚Elenden‘?
Die, die nichts zu essen haben.
Die, die ihre ‚Familienbande‘ verloren haben.
Die, die ohne Dach über dem Kopf sind.
Vor allem aber die, die zu alledem keine Hoffnung mehr haben.
Um diese will sich die Bruderschaft “ annehmen. Dem Ruf und Charisma des brasilianischen Ordensgründers folgen auch in heutigen Zeiten noch viel junge Menschen.
Ihre Tonsur symbolisiert Demut. Ihr grobes Gewand bezeugt ihr Gelübte, sich durch Armut auf die gleiche Stufe der Armen zu stellen. Sie laufen barfuß. Sie wollen den Armen von Angesicht zu Angesicht begegnen.
Ihr Glaube: Nur in der Demut vor dem Nächsten kann man Gott im Nächsten erfahren.
Ärmlich, kahl rasiert, aber mit Gesichtern voll Freude.
Sie gehen spät nachts raus auf die Straße und sehen nach den Menschen, die dort einsam und verlassen noch ‚hausen‘; ungewaschen, schlecht riechend, meist alkoholisiert und oft krank. Dienenigen, die sie im schlechtesten Zustand vorfinden, nehmen sie mit in ihr Haus.
Sie baden sie. Sie schneiden ihnen die Nägel. Sie waschen ihre Wäsche oder geben ihnen neue Kleider. Sie verbinden ihre Wunden. Sie behandeln sie als geliebte Gäste, für die sie ein frisch gemachtes Bett bereitstellen.
Die Aufgenommen reagieren zunächst mit Misstrauen. Niemand hat sie bisher so behandelt. Seit Jahren haben sie kein gutes Wort mehr gehört, keine Umarmung erhalten, keine zwischenmenschliche Wärme mehr gespürt. Dabei haben sie ihren Selbstwert verloren.
Nach und nach tauen sie auf, dürfen sich tatsächlich wieder angenommen fühlen. Ihre eigene (Mit-) Menschlichkeit darf wieder (her-) vorkommen.
Die meisten gehen am nächsten Tag wieder raus auf die Straße. So wie sie es gewohnt sind. In ihr altes Leben zurück. Viele kommen aber zurück, sind angerührt von dieser Erfahrung und „ergeben“ sich schließlich dieser seltsamen, bedingungslosen Liebe.
Es beginnt ein innerlicher Prozess der Selbstwertschätzung, der ‚Rehabilitation‘, schließlich der ‚Reintegration‘. Erst in die quasi klösterliche Gemeinschaft, dann auch nach draußen, in die Gesellschaft.
Dafür lernen sie alte Sachen neu und bekommen eine Kurz-Ausbildung, in Ansätzen.
Sie arbeiten in der Küche mit, lernen dabei aber zu kochen. Es gibt eine Hausbäckerei, die ihr Brot, soweit es nicht auf der Straße verteilt wird, auch verkauft.
Sie gewinnen langsam ein neues Zutrauen, lernen vor allem sich selbst wieder anzunehmen.
Die Laienbrüder versuchen, ihre Familien wiederzufinden bzw. zu helfen, sich dort wieder hineinzufinden.
So z.B. Pedro:
Er hatte fünfzehn Jahre auf der Straße gelebt und kam verletzt ins Haus. Er wurde, als er angetrunken war, von einem Wagen angefahren. Er lag 3 Tage lang verletzt auf der Straße, bevor ihn die Brüder de la Toco in ein Hospital brachten. Ein Bein war nicht mehr zu retten, es musste abgenommen werden.
Nach einem langen ‚Prozess‘ ging er schließlich in seine alte Familie zurück, die ihm verzieh, ihn wieder aufnahmen. Ein echte, zweite Chance, nun ohne sein zweites Bein.
Wir unterstützen die Brüder von Toca de Asis nun schon eine ganze Weile und haben uns an das Klientel, an das seltsame Aussehen der Toca und ihre spezielle Lebensweise fast schon gewöhnt.
Aber wir erinnern uns auch noch daran, wie wir nach dem ersten Besuch mit Tränen in den Augen aus dem Haus gelaufen sind. Weinend vor Freude, dass es eine gelebte, bedingungslose Liebe tatsächlich gibt.
Die davon zeugt, wie diese unsere Welt auch sein könnte.