Es gibt sie noch, die echten, alten Schwäbinnen und eine davon hat sich neulich auch bei uns telefonisch in der Schuldnerberatung gemeldet. Eine alleinstehende Witwe, in den siebzigern, mit kleiner Witwenrente und einer noch viel kleineren Altersrente („Mir hen halt gschafft“). Auch beide kleinen Renten zusammengezählt: weit weg von jeder Pfändbarkeit.
Als Regalfüllerin hat sie bis vor kurzem noch nebenher gearbeitet um einen kleinen Uralt-Kredit zu bedienen, noch aus Zeiten mit ihrem Mann, selig.
Den Regalfüller-Job – ein kleines Geld für die hohe Schuldzinsen – hat sie jetzt verloren und so gar nicht gewußt, wie’s denn weitergehen soll, mit den auflaufenden Rückständen …
Aber mit ein paar Ratschlägen war ihr schnell der Rücken gestärkt, für einen „aufrechten Gang“(Ernst Bloch).
Ein paar Mal haben wir’s zusammen geübt, wie mit den Anrufen des Inkasso-Callcenters umzugehen ist. Jetzt beißt da jeder Student mit seinem vorgefertigten Gesprächsleitfaden auf Granit, wenn sie bodenständig, klar und in bestem Schwäbisch dann sagen kann:
„so bin i halt, gradraus, un gschafft haab i emmer, nur hab i halt nix und so isches halt.“
Die Schulden kann man so lassen, wie sie stehen und liegen. Zum Tilgen bleibt halt wirklich nichts übrig. Auch ein Insolvenzverfahren brauchen wir nicht durchzuführen:
die Frau wächst mittlerweile mit jedem Anruf ….. über sich hinaus.
Noch eine Schwäbin …
Noch eine Witwe. Noch älter. Auch vom Zollernalbkreis.
Aber vornehmer, reicher. Nicht so ganz klar, ist es Demenz oder Raffinesse?
Die Frage, ob Sparsamkeit oder Geiz, bleibt sowieso auf ewig unentschieden.
Sie ist über eine Landesschau-Sendung auf uns aufmerksam geworden.
Und wenn eine echte Schwäbin im Fernsehen von der Möglichkeit zinsloser Darlehen hört, dann wird frau ja wohl mal anrufen dürfen:
eine gute Rente, ein schönes Haus, zu groß, für sie, jetzt, so allein. Aber die Heizung ging kaputt (früher hat sich immer mein Mann drum gekümmert) und ein neues Bad hat sie sich gegönnt (der Mann war wohl auch und vielleicht noch mehr – Schwabe) und jetzt drückt die Ratenbelastung schwer und sie ist schon am überlegen, ob sie ihre Tageszeitung abbestellt .
Die Frau war einzig mit ihrer Hausbank neu zusammenzubringen: die Tilgung gestreckt, die Rate gesenkt, auf die Zinsen hab‘ acht und alles kein Problem mehr.
Einzig der guten alten Frau die Idee auszureden, ihren Kredit ganz schnell und natürlich auf jeden Fall noch zu Lebzeiten abzuzahlen zu wollen, das war wirklich schwer.
Dazu brauchte es im Minimum auch von mir ein bisschen Dialekt. Und einen Ansatzpunkt:
Für wen eigentlich vollständig abbezahlen? Für die Erben?! Tatsächlich, da gab es doch tatsächlich noch „die Junge“, aber „ die welle doch heut nix mehr schaffe“. Und so fiel die Idee, nicht ganz unbedingt mit einem total schuldenfreiem Vermögen sterben zu wollen und sich vielleicht lieber eine Tageszeitung zu Lebzeiten zu leisten, letztlich auf fruchtbaren Boden.