Die Fahrradwerkstatt der diakonischen Einrichtung Blauer Elefant repariert Kinderräder für Familien mit geringem Einkommen.
Im ‚Blauen Elefanten‘ haben alle die Hände voll zu tun. Jeden Tag trudeln gebrauchte Fahrräder rein, die gründlich unter die Lupe genommen werden müssen. Die Werkstatt ist zur Zeit voll besetzt. Neben dem angestellten Personal, gibt es auch fünf Menschen, die nach längerer Arbeitslosigkeit einen Einstieg in den Arbeitsmarkt suchen. Im Blauen Elefanten gibt es mehrere Beschäftigungsprojekte für Langzeitarbeitslose.
„Unsere Mitarbeitenden sind nahe an dem, was den Menschen unter den Nägeln brennt“, weiß Christine Spanninger, Leiterin des Blauen Elefanten. So kam es zur Idee für die Fahrradaktion: Kinderräder werden angenommen und repariert, um sie im Frühjahr an Kinder aus Familien mit geringem Einkommen weitergeben zu können. „Die Resonanz war sehr groß“, sagt Werkstattleiter Willi Keller. „In den ersten zweieinhalb Monaten des Jahres wurden uns 70 Fahrräder gebracht.“
Armut, geringes Einkommen, Arbeitslosigkeit: Sind Eltern betroffen, sind es Kinder auch. Entgegen mancher Klischees „tun nach unserer Erfahrung die Eltern in der Regel alles, was sie können, um ihren Kindern Chancen zu ermöglichen und zu verhindern, dass die soziale Ausgrenzung allzu früh beginnt“, sagt Spanninger.
Trotzdem reichen die finanziellen Mittel nicht aus. So sind in den Hartz-IV-Regelsätzen monatlich 43 Cent für die Anschaffung eines Kinder- und Jugendfahrrads vorgesehen. Das bedeutet, dass bis zum 10. Lebensjahr, wenn in der vierten Klasse die Fahrradprüfungen abgenommen werden, gerade mal 51 Euro für ein Fahrrad angespart werden können. Unabhängig davon ist das erste Kinderrad auch irgendwann zu klein.
„Klonk, klonk, klonk“ – Yasin Yüksel schlägt mehrmals mit einem Hammer auf den Lenker eines Kinderrades, das vor ihm an zwei langen Ketten von der Decke hängt. Dann betrachtet er es von allen Seiten, klopft mal hier und da. Er weiß, dieses Rad lässt sich nicht mehr herrichten. Willi Keller, der seit 14 Jahren die Müllheimer Fahrradwerkstatt des Diakonischen Werks leitet, erklärt weshalb: „Das Rad hat zu viele Mängel. Es hat zwei verschiedene Räder und keine Bremse mehr, wir müssten also 90 bis hundert Euro investieren“. Das wäre für ein gebrauchtes Rad viel zu teuer, und so wird es recycelt. Speichen und Lenker, sagt Keller, werde man als Ersatzteile für andere Räder aufheben.
Die Materialkosten für die verkehrssicher hergerichteten Räder übernahm die Wilhelm-Oberle Stiftung. Die Räder werden an bedürftige Familien abgegeben – zu Preisen zwischen fünf und zwanzig Euro.
Innerhalb der ersten zehn Tage wurden schon 24 Räder abgeholt. Die Kinder freuen sich am meisten, denn sie können ihr Fahrrad selbst aussuchen. Die auf Vordermann gebrachten Drahtesel sehen nach dem „make-over“ wieder richtig flott aus. „Die Augen der Kinder leuchten richtig auf, wenn sie sich das erste mal auf den Sattel ihres Radels schwingen“, berichtet ein Mitarbeiter.
Die Aktion ist eine regelrechte win-win-Situation: Die einen führen ihr altes Rad einem sinnvollen Recycling zu, langzeitarbeitslose Menschen haben eine qualifizierende und sinnvolle Beschäftigung und Kinder aus armen Familien erhalten günstig ein verkehrstaugliches Fahrrad!
Quelle: Badische Zeitung / Beatrice Ehrlich
Ausrrangierte Drahtesel gesucht (veröffentlicht am Mi, 25. Januar 2012 auf badische-zeitung.de)
Quelle: Badische Zeitung / bz
Fahrräder für ärmere Kinder (veröffentlicht am Di, 10. April 2012 auf badische-zeitung.de)