Vorführen ist besser als Erklären: Schwimmen lernt sich weniger über trockene Worte, sondern durch Übungen im Wasser. Der Verein „Südwind “, der sich seit Jahrzehnten für die Integration von Ausländern einsetzt, hat einen besonderen Schwimmkurs im Angebot.
Denn die 12 Frauen im Alter von 35 bis 65 Jahren, die einmal wöchentlich im Bürgerbad Merzhausen herumpaddeln, verstehen nicht immer, was ihre Schwimmlehrerinnen sagen. Ihre Deutschkenntnisse sind so unterschiedlich wie die Länder, aus denen sie eingereist oder geflohen sind.
In den Heimatländern war es teilweise verboten oder unmöglich, Schwimmen zu lernen. Einige der Frauen mussten auf der Flucht miterleben, wie Menschen ertranken.
Seither haben sie eine große Angst vor Wasser. Die Trainerin beginnt den Kurs mit Gleichgewichtsübungen. Danach folgen Spiele mit Gummibändern und Bällen. Allmählich werden die Frauen mutiger und sicherer.
Eine Schwimmlehrerin beobachtet aufmerksam eine „Schülerin“, die sich am Rand entlang durchs Schwimmbecken tastet. „Beim ersten Mal stand sie nur da und zitterte“, erinnert sie sich. „Sie traute sich keinen Schritt zu gehen.“
Wird die Angst besiegt, bestehen gute Aussichten, dass die Frauen nach 10 Unterrichtsstunden in Bauchlage schwimmen können. Sie trauen sich, vom Rand ins Becken zu springen oder sogar nach einem Gegenstand zu tauchen. Sie haben Spaß daran, mit Ringen und Bällen im Wasser zu spielen. All das gehört zum nassen Programm. Selbst wenn es nicht zum Seepferdchen-Abzeichen reicht: Zum Abschluss des Kurses erhält jede Schwimmerin eine Urkunde.
Interessant ist das Angebot vor allem für Mütter, deren Kinder in der Schule Schwimmen lernen, denn die Frauen bekommen Schwimmunterricht, in einem sicheren Rahmen (kein Regelbetrieb, es sind keine Männer im Bad anwesend). Sie können teilhaben an dem, was zuvor undenkbar erschien: Mit der Familie einen Sommertag im Freibad zu verbringen – und zwar als Schwimmerin.
Die Schwimmkurse von Südwind e.V. finden seit 2017 statt und werden zum größten Teil von der Oberle Stiftung finanziert. Kosten entstehen für die Schwimmbad-Miete, Honorar für die Schwimmlehrerin, Schulungsmaterial, Fahrtkosten, Begleitung und Organisation sowie Verpflegung.
Die Kurse werden mit großem Interesse angenommen, so dass jedes Jahr eine lange Warteliste entsteht. Leider ist es Südwind e.V. nicht möglich mehr Kurse anzubieten, da es bisher nicht gelang, mehr Schwimmbadzeiten zu mieten oder andere Bäder in der Region für das Projekt zu begeistern.